Malcolm & Marie Kritik

Malcolm & Marie Kritik

Filmkritik

Geschrieben am 22.02.2021 von Kilian Atzenhofer

Als man Mathieu Kassovitz fragte, warum er „La Haine“ in Schwarzweiß veröffentlichte, antwortete er: „Ich habe ihn in Schwarzweiß gedreht, um die Zuschauer daran zu erinnern, dass sie keinen netten, oberflächlichen Film sehen. Schwarzweiß signalisiert: Seht hin, da gibt es noch etwas anderes“.

Ich würde Sam Levinson all meinen Besitz überschreiben, wenn er mir ehrlich in die Augen sehen und eine glaubwürdige, tief greifende Begründung für seine Wahl von Schwarzweiß liefern könnte.

Malcolm und Marie kommen von einer Premiere nach Hause, bei der Malcolm’s Film ausgezeichnet wurde. Während sie die ersten Kritiken erwarten, entflammt ein Streit, der sich durch die Nacht zieht.

Das, was „Malcolm und Marie“ das Genick bricht, ist der maßlose Versuch, sich ernst zu nehmen, wenn nicht sogar seine Zuschauer zu sCh0cKiErEn. Dabei schien keinem aufzufallen, dass Zendaya und John David Washington sich im Grunde 106 Minuten lang irgendwelche Gemeinheiten an den Kopf werfen und penibel darauf achten, keinerlei Vielfältigkeit und Tiefe in ihre Aussagen oder gar in ihre Charaktere zu bringen.
Schon zu der 30. Filmminute fing ich an, mich zu fragen, ob die eigentlich noch etwas anderes zu sagen haben als „du hast mir nicht gedankt, obwohl ich deine Inspiration war“ oder „die Weiße von der LA Times ist so dumm“.
Spoileralarm:
In den anderen 76 Minuten kam leider nicht mehr viel.

Auf Letterboxd verglich ein User den Film mit einer Calvin Klein Werbung und er traf den Nagel einfach auf den Kopf.
Aber denkt mal ganz genau nach, das ergibt eigentlich vollkommen Sinn:
Ein attraktiver Mann und eine attraktive Frau laufen in schwarz-weiß wahllos durch ein vollkommen charakterloses, auf Hochglanz poliertes Set und geilen sich dabei ständig auf, ohne es letzten Endes miteinander zu treiben.

Jeder, der Filme wie „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ oder „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ kennt, kann „Malcolm und Marie“ einfach nicht ernst nehmen. Der Film versucht so krankhaft, sich in die Riege der klassischen, intensiven Kammerspiele einzuordnen, obwohl er nicht mal ansatzweise dazu im Stande ist, sich eine eigene Identität zu erschaffen.

Fazit:
Regie, Drehbuch und schauspielerische Leistung (vor allem Seitens Washington) oftmals unterirdisch. Schaut alte Klassiker und nicht deren Imitationen.
STYLE. OVER. SUBSTANCE.

Malcolm & Marie

Veröffentlichung

05. Februar 2021

Regie

Sam Levinson

Laufzeit

106 Minuten

Besetzung

John David Washington: Malcolm
Zendaya: Marie

 

Filmkritiken

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I Care a Lot Kritik

I Care a Lot Kritik

Filmkritik

Geschrieben am 22.02.2021 von Kilian Atzenhofer

Genau eine Stunde der Laufzeit ist bisher vergangen und ich hab jetzt schon das starke Gefühl, dass das einer der unauthentischsten Filme des Jahres sein wird.

So, jetzt ist er vorbei und was soll man da sagen…
Was bringen schon größtenteils fähige Schauspieler, wenn das Drehbuch und die Regie an den meisten Stellen vollkommen versagen?

Aber erst ein paar Worte zur Handlung:

Marla Grayson leitet ein Betreuungsunternehmen, dessen Kunden hauptsächlich aus Senioren bestehen. Gemeinsam mit ihrer Kollegin und ebenso Geliebten “Fran“ zieht sie ihren Schützlingen das Geld aus der Tasche, um sich selbst damit zu bereichern, bis sie eines Tages den falschen Fisch an Land zieht…

Das wohl größte Problem von „I Care a Lot“ sind die Worte und Taten, die Rosamund Pike und ihre Kollegen über den ganzen Film bringen müssen.

Gerade in der ersten Hälfte wirkt es oft wahnsinnig lachhaft, da sich J Blakeson an dem Charakter eines stereotypischen, männlichen Antagonisten/Antihelden bedient und diesen einfach mit einer Frau besetzt. Versteht mich nicht falsch, ich liebe es, wenn Frauen im Film das Ruder in die Hand nehmen und ordentlich “auf die Kacke hauen“, aber wäre es dann nicht sinnvoller, eine neue Form des weiblichen Antihelden zu erschaffen, anstatt einfach die typisch männliche zu nehmen, sie mit einer Frau zu besetzen und anschließend einen auf „seht her, welch feministisches Frauenpower Meisterwerk wir erschaffen haben“ zu machen?

Rosamund Pike hat bereits in David Finchers “Gone Girl“ gezeigt, dass sie zu facettenreichem, kaltblütigem Schauspiel fähig ist. Setzt man sie allerdings trinkend, rauchend, fluchend, alle fünf Minuten einen vollkommenen Stuss von sich gebend, gepaart mit unendlichen, diabolischen Blicken in Szene, dann kann man als Zuschauer gar nicht mehr anders, als irgendwann nur noch zu lachen.

Ein ähnliches Problem gibt es mit Peter Dinklage, der zwar ein sehr talentierter Schauspieler ist, bei dem es aber aufgrund seiner Größe unfassbar wichtig ist, ihn gekonnt in Szene zu setzen.
Martin McDonagh machte es mit seiner Figur in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ vollkommen richtig.
Blakeson hingegen hält es scheinbar für richtig, ihn als Gangsterboss zu instrumentalisieren, der permanent Gegenstände nach seinen (absolut minderbemittelten) Angestellten wirft, um so seine Autorität zu untermalen. Wirkliche Aussagekraft, geschweige denn MACHT strahlt seine Figur nicht aus. Dazu kommt noch, dass er in einem Moment eiskalt und richtig handelt, nur um im nächsten Moment die größten IQ-Abstinenzler Entscheidungen zu treffen, damit unsere beiden „Heldinnen“ es auch möglichst einfach haben, zurückzuschlagen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine RegisseurIN, mit weiblicher Sicht auf die Dinge da wesentlich bedachter, raffinierter und vor allem inspirierter ran gehen hätte können, denn an sich ist die Grundhandlung des Films sogar sehr interessant und bietet jede Menge Zündstoff für einen richtigen Knaller.

Die zweite Hälfte des Films fängt sich (abgesehen von ein paar vollkommen unlogischen Punkten) wieder einigermaßen und der Zuschauer darf sogar ein recht passables Ende erleben, aber ansonsten ist aus diesem Film wirklich nicht allzu viel auszuquetschen, außer vielen hohlen Figuren, mit fragwürdigen Taten, versammelt vor schlechter Regie und einem häufig hervortretenden, uninspirierten Drehbuch.

PS: Der einzige Gewinn des Films: DIANNE WIEST!!

PPS: Das ist nach “Baby Driver“ schon der zweite Film, in dem Eiza González nichts anderes zu bieten hat, als gut auszusehen. Ob das wohl so bleibt?

I Care a Lot

Veröffentlichung

12. September 2020

Regie

J Blakeson

Laufzeit

119 Minuten

Besetzung

Rosamund Pike: Marla Grayson
Peter Dinklage: Roman Lunyov
Eiza González: Fran

 

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The Game Filmkritik

The Game

Filmkritik

Geschrieben am 14.12.2020 von Kilian Atzenhofer

ACHTUNG: Spoilerkritik!

Stellt euch mal vor, ihr macht bei einem Spiel mit und es gerät augenscheinlich außer Kontrolle:

Euer Haus wird verwüstet. All euer Besitz wird euch genommen. Ihr werdet in einem Taxi eingesperrt und im Hafenwasser versenkt. Es wird mehrfach auf euch geschossen. Ihr werdet unter Drogen gesetzt und nach Mexiko entführt. Ihr denkt, ausversehen euren eigenen Bruder getötet zu haben. Ihr seht keinen Ausweg, entscheidet zu sterben und stürzt euch von einem Hochhaus in den Tod.

10 Sekunden später: hEhEhEhEhEhEhE Spaß Bruder, war alles nur ein Witz

Begründung: Du wärst ja immerhin fast ein Arschloch geworden.

Ende gut, alles gut!

Ich weiß beim besten Willen nicht, wie David Fincher zu dieser Idee gekommen ist und sich zudem dachte, dass es in irgendeiner Art und Weise Sinn ergibt.

“The Game“ und vor allem sein Ende gehören zu den berühmtesten Thrillern/Plottwists aller Zeiten und heute würde ich gerne meinen Gedanken, diesem Projekt gegenüber zum Ausdruck verhelfen.

Nicholas van Orton ist ein Mann, der scheinbar alles hat. Vom Selbstmord seines Vaters verfolgt, lebt er zurückgezogen, mit wenigen sozialen Kontakten in seiner Villa. Zu seinem 48sten Geburtstag bekommt er von seinem Bruder Conrad ein Geschenk in Form eines Gutscheins für die Dienste eines Unternehmens namens CRS, die bestimmte, auf den Auftraggeber zugeschnittene Spiele anbieten, die das Leben des Spielenden für immer verändern sollen… Und was soll man sagen, verändert wurde es definitiv. Aber mit welchen Mitteln und zu welchem Zweck? Bei einer solchen Grundhandlung hätte ich gerade von David Fincher, der mit seinen anderen Werken sehr gut zeigt, wie er die Psyche der Menschen erfassen und verdrehen kann, erwartet, äußerst vorsichtig und präzise an die Figur des Nicholas van Orton zu gehen und jede seiner Lebensumstände bei der Wurzel zu packen. Stattdessen wird jede Komponente auf brachiale Weise mit dem Vorschlaghammer bearbeitet, bis diese Tour de Force mit folgender, glorreicher Einstellung enden kann: „So, jetzt bin ich aber ein ganz anderer Mensch und habe aus meinen Fehlern gelernt“. Ich bin beim besten Willen kein Psychoanalytiker, aber was Michael Douglas am Ende des Films eigentlich braucht, ist kein Martini zum feiern, sondern eine seelische Behandlung der ganz feinen Art. Das CRS dann auch noch zu Beginn des Films behauptet, noch nie einen unzufriedenen Kunden gehabt zu haben, ist fast schon lachhaft.

Im Grunde will ich gar nicht sagen, dass “The Game“ ein schlechter Film ist. Die einzelnen Szenen sind allesamt wunderbar atmosphärisch inszeniert, es wird im Grunde nie langweilig und wir haben einen Michael Douglas in Höchstform. Die Probleme, die diese Aspekte wiederum torpedieren, ist die Handlung selbst. Ein solches Szenario zwingt den Zuschauer ständig dazu, mental an den äußersten Rand des Plots zu gehen, bzw. sich ständig (wie in diesem Fall) zu denken: „Wahrscheinlich läuft eigentlich gar nichts außer Kontrolle und das Ganze ist genau so von der Firma geplant.“ Was daraus folgt, ist zum einen eine starke Drosselung der Spannung, zum anderen ein Missvertrauen und eine Gleichgültigkeit gegenüber den Figuren.

Ich stelle mir gerne vor, dass David Fincher nach “Se7en“ mit “The Game“ beabsichtigt einen Schritt zurückgegangen ist, in dem Wissen, dass sein nächstes Werk die Filmlandschaft und vor allem meine Art, Filmfiguren zu betrachten, für immer verändern wird.

Seife.

The Game

Veröffentlichung

20. November 1997

Regie

David Fincher

Laufzeit

129 Minuten

Besetzung

Michael Douglas: Nicholas van Orton
Sean Penn: Conrad van Orton

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Before Sunrise

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Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt Filmkritik

Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt

Filmkritik

Geschrieben am 09.12.2020 von Kilian Atzenhofer

“You once were a ve-gon, but now you will be-gone”

Ich würde heute gern über einen Film reden, auf den ich sieben Jahre lang immer wieder gestoßen bin und den ich jedes Mal ohne zu zögern sofort wieder verworfen habe. Der Grund? Die Handlung.

Scott Pilgrim verliebt sich in die junge Lieferantin Ramona Flowers. Doch bevor er eine Beziehung mit ihr führen kann, muss er erst ihre sieben teuflischen Ex-Freunde im Kampf besiegen. Warum? Na eben weil.

So dumm es sich auch anhört, muss ich jedoch zugeben, dass “Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“ ein kleiner Geniestreich ist. Versteht mich nicht falsch, dieser Film ist dumm, sehr sogar, aber manch ein Regisseur schafft es, den unfassbar schmalen Grat zwischen dumm-schlecht und dumm-genial zu wandern und dabei auch noch Saltos zu schlagen. Edgar Wright ist es mit diesem Film gelungen. Ein Drehbuch, bei dem ein irrwitziger Satz den nächsten jagt, ein genialer Schnittstil, irrsinnig schöne Effekte, ein mordsmäßiger Soundtrack und ein Cast, der leidenschaftlich hinter diesem Projekt zu stehen scheint, machen diesen Film zu einem must-see für jeden, der etwas übertriebenen Humor und jede Menge Action in der Aufmachung eines Videospiels mag.
All diese Faktoren sind wichtig und gut, was für mich allerdings ausschlaggebend für das Erlebnis dieses Films war, ist das Herz und die Liebe, mit dem er gemacht wurde. Genauer erklären will ich diese Aussage nicht. Das sollte jeder für sich selbst herausfinden.

PS: Seit ich den Film gesehen habe, habe ich mir schon hunderte Male „I’m So Sad, So Very, Very, Sad“ auf Spotify angehört. Was für ein Ohrwurm!

Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt

Veröffentlichung

21. Oktober 2010

Regie

Edgar Wright

Laufzeit

112 Minuten

Besetzung

Michael Cera: Scott W. Pilgrim
Mary Elizabeth Winstead: Ramona Victoria Flowers

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Before Sunrise

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Midsommar (2019)

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Midsommar (2019) Filmkritik

Midsommar (2019)

Filmkritik

Geschrieben am 28.10.2020 von Kilian Atzenhofer

Ob in Wäldern, Schächten, Kellern oder im Traum, die Dunkelheit scheint für Filmemacher auf der ganzen Welt das perfekte Medium zu sein, um Zuschauer rasch tiefer in ihren Sitzen versinken zu lassen.

Mit der Handlung hat es sich nicht schwer.

Obwohl er schon eine lange Zeit mit dem Gedanken spielt, ist es für Christian nun unmöglich, mit seiner Freundin Dani Schluss zu machen, nachdem diese eine entsetzliche Tragödie durchlebt. Von Sorge und schlechtem Gewissen geplagt, lädt Christian Dani nach Schweden ein, wo er mit seinen Freunden Mark, Josh und Pelle eine gleichermaßen lehrreiche, wie entspannende Zeit bei einem nur alle 90 Jahre stattfindenden Fest von Pelle`s Familie verbringen will. Und wie zu erwarten laufen die Dinge nicht ganz, wie geplant…

Kaum in Schweden, aber noch nicht bei der Gemeinschaft angekommen, werden schon die ersten Halluzinogene konsumiert, bei denen Ari Aster und sein Team in einer wahrlich fantastischen Szene ohne jegliche Effekthascherei Danis Rausch so erfahrbar für den Zuschauer machen, wie nur irgend möglich.

Mit der Kommune verhält es sich allerdings etwas komplexer, als ich es vermutet hätte. Während sich in anderen Filmen dieser Art nur oberflächlich zutraulich verhalten wird und die eigentliche intrigante Ader der Bewohner hinter geschlossenen Türen zutage kommt, versucht Ari Aster mit offenen Karten zu spielen. Geschlafen wird in einem großen Saal, gekocht wird nur gemeinsam und Geheimnisse bzw. Einschränkungen scheint es nicht zu geben. Die Kehrseite der Münze ist wiederum eine an sich tolle Mischung aus subtiler und zeitgleich penetranter Aufdringlichkeit und Isolierung, die leider teilweise von stark brachialen Momenten etwas aus dem Rhythmus gerät. Einerseits wirkt diese vollkommene Transparenz an manchen Stellen sehr verstörend, andererseits leidet die Intensität in diesen Momenten etwas darunter.

Die dysfunktionale Beziehung zwischen Dani und Christian stellte für mich definitiv das Highlight des Films dar. Als eines der bedrückensten Geschehnisse empfindet man dabei die zunehmende körperliche und seelische Entzweiung der Beiden.
Und gerade das wird zu einem Kritikpunkt und einem wichtiger Hinweis für jeden, der es in Erwägung zieht, den Film zu sehen.

Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass es sich bei “Midsommar“ um keinen Horrorfilm im klassischen Sinn handelt. Vielmehr ist es ein Drama, welches sich mit Themen wie Verlust, Trauer und Geborgenheit auseinandersetzt. Wer hier Schocker oder Grusel sucht, ist, genau wie ich es war, an der falschen Adresse.
Daraus resultiert schnell, dass der Film einen verhältnismäßig kurzen und eher schwach definierten Spannungsbogen hat. Wenn Flötenspielereien, Tänze und der Verzehr von dubiosen Nahrungsmitteln auch noch beginnen, sich stark zu wiederholen, verlieren diese Szenen leider zunehmend an dem gewissen Etwas.

Trotz des (scheinbar) starken visuellen und thematischen Unterschieds der beiden Filme merkt jeder, der “Hereditary“ gesehen hat nach spätestens fünf Minuten, dass es sich bei “Midsommar“ um einen Ari Aster Film handelt.
Die Eröffnungsszene würde ich dabei gerne noch stark hervorheben. Sie ging mir so sehr unter die Haut, dass mein Kopf schon nach kurzer Zeit (im positiven Sinne) rauchte.
Kamera, Musik, Licht und Kostüm- bzw. Setdesign sind tadellos aufeinander abgestimmt. Hinzu kommt noch Florence Pugh, die sich – ebenso wie Toni Collette in “Hereditary“ – so fantastisch um den Verstand spielt, dass es schon zu einem Muss wird, sich diesen Film anzusehen.
Schraubt man dann noch die Erwartungen auf einen spannungsgeladenen Horror zurück und begibt sich ohne spezifische Erwartungen in die fähigen Hände Ari Asters, der schon mit seinem zweiten Film einen unverwechselbaren Stil entwickelt hat, dann steht einem sehr starken Filmabend nichts mehr im Weg.

PS: Genau wie sein Vorgänger spielt “Midsommar“ mit jeder Menge Symbolik, die den Film für eine zweite Sichtung sehr empfehlenswert machen.

Midsommar (2019)

Veröffentlichung

26. September 2019

Regie

Ari Aster

Laufzeit

148 Minuten

Besetzung

Florence Pugh: Dani Ardor
Jack Reynor: Christian

Filmkritiken

Before Sunrise

Ist der Liebesfilm das schwierigste Filmgenre? Seit ich „Before Sunrise“ gesehen habe, denke ich jedenfalls ernsthaft darüber nach.

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Porträt einer jungen Frau in Flammen

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365 Tage

Hey Kids!
wollt ihr lernen, wie man einen Film wie „365 Tage“ macht?
Na dann hört mal her!
Bevor wir mit den eigentlichen Szenen anfangen können, müssen wir etwas Vorarbeit leisten.

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Before Sunrise Filmkritik

Before Sunrise

Filmkritik

Geschrieben am 21.10.2020 von Kilian Atzenhofer

“I like to feel his eyes on me when I look away“

Ist der Liebesfilm das schwierigste Filmgenre? Seit ich „Before Sunrise“ gesehen habe, denke ich jedenfalls ernsthaft darüber nach. Jedes Genre hat seine eigenen Tricks, um mit den Nerven und Emotionen der Zuschauer zu spielen. Aber meiner Meinung nach schlagen bei keinem Genre diese Tricks so oft fehl wie beim Liebesfilm. Entweder ist die Chemie der Darsteller nicht vorhanden oder der Film verliert sich selbst in Klischees oder Weinerlichkeit. Wenn dann ein Film die ideale Gradwanderung meistert und es tatsächlich schafft, wahre Intimität ohne Effekthascherei auf die Leinwand zu projizieren, dann weiß man, dass man etwas ganz Besonderes vor sich hat.

Der einzige andere „pure“ Liebesfilm, dem ich bisher eine Wertung von 9/10 Punkten gegeben habe, war „Porträt einer jungen Frau in Flammen“. Während sich dieser im künstlerisch-ästhetischen Bereich in fantastische Ausmaße entfaltet, begrenzt sich „Before Sunrise“ auf den Kern des Verliebens.

So folgen wir dem Amerikaner Jesse und der Französin Celine einen Tag und eine Nacht durch das Wien der 1995er Jahre, nachdem sie sich in einem Zug kennengelernt haben und spontan entschieden, die Stunden bis zum Sonnenaufgang gemeinsam durch die Stadt zu wandern.

So einfach die Handlung auch erklärt ist, muss man doch sagen, dass „Before Sunrise“ kein grobstrukturierter, vor sich hinplätschelnder Film ist. Nein hier wurde Feinstarbeit geleistet. Das lässt sich schon an dem Moment festmachen, in dem Jesse Celine das erste Mal anspricht. Als Zuschauer spürt man förmlich sein eigenes Herz, genau wie das, des Protagonisten, ein wenig schneller schlagen, als er für einen kurzen Moment zögert, da ihm die Worte fehlen. Von diesem Punkt an lassen sich diese wunderbaren Momente über den ganzen Film verteilt immer wieder finden. Diese Augenblicke wären aber nicht einmal annähernd so bezaubernd, würden sie nicht von ihren beiden Hauptdarstellern verwirklicht werden, denen man anmerkt, dass sie nicht einfach nur ein auswendig gelerntes Drehbuch runterrattern, sondern wirklich anfangen, sich von ihrer Figur leiten zu lassen und in der Stimmung ihrer Gesprächsthemen aufzugehen. So werden allgegenwärtige Themen wie das Leben, der Tod, die Liebe, der Verlust oder die Rolle von Mann und Frau thematisiert, die immer mit einer gewissen Leichtigkeit gespielt werden, dass es weder langweilig, noch anstrengend wird.

Einer der größten Faktoren, warum man „Before Sunrise“ sehen sollte, ist die Zeit, in der er gedreht wurde und wie der Film genau dadurch aufzeigt, wie nichtig die heutige Technologie und soziale Netzwerke eigentlich sind. Unsere Figuren befinden sich in einer Situation, die von Moment zu Moment immer beklemmender wird. Umso mehr Zeit vergeht, desto mehr verlieben sie sich ineinander und desto näher rückt der Punkt zum scheinbar endgültigen Aus ihrer Bekanntschaft. Die Beiden sprechen sogar die Möglichkeit an, Telefonnummern auszutauschen, entscheiden sich aber schließlich doch, es sein zu lassen. Zum Einen, damit der Zauber dieser Nacht nicht verschwindet, zum Anderen weil Gelegenheitsanrufe letzten Endes nichts Langfristiges bedeuten können. Wäre eben dieses Szenario 20 Jahre später auf dieselbe Weise veröffentlicht worden, hätte die Geschichte nur ein Ende nehmen können. Früher oder später hätte man versucht sich im Internet zu finden, man hätte Kontakt aufgenommen und dieser Kontakt wäre genau so schnell verfallen, wie er entstanden ist.

Ich würde jedem empfehlen, sich Before Sunrise anzusehen. Er hat zwar ein sich an wenigen kurzen Stellen leicht ziehendes Tempo, ist aber trotzdem ein Bilderbuch Beispiel für wahre Figuren, wahre Intimität und wahre Liebe.

Before Sunrise

Veröffentlichung

30. März 1995

Regie

Richard Linklater

Laufzeit

97 Minuten

Besetzung

Ethan Hawke: Jesse
Julie Delpy: Celine

Filmkritiken

Midsommar (2019)

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Porträt einer jungen Frau in Flammen

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Porträt einer jungen Frau in Flammen Filmkritik

Porträt einer jungen Frau in Flammen

Filmkritik

Geschrieben am 13.10.2020 von Kilian Atzenhofer

“When you’re observing me, who do you think I’m observing?”

In letzter Zeit versuche ich mich mehr und mehr mit den Perlen nicht amerikanischer oder englischer Filme auseinanderzusetzen. Im Vornherein hörte ich nur zwei Dinge über „Porträt einer jungen Frau in Flammen“. Zum einen, dass der Film von einer Künstlerin handelt, die beauftragt wird, eine junge Frau gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen zu zeichnen. Zum anderen hörte ich mehrfach, dass der Film ein Meisterwerk sei. Als ich die Blu-Ray kaufte, entdeckte ich auf der Vorderseite der Hülle erneut eine lobenswerte Kritik einer Zeitung, wie man sie jedoch im Grunde auf jedem Film lesen kann:

„Durch und durch ungewöhnlich und großartig“ – Süddeutsche Zeitung

Auf der Rückseite standen jedoch zwei weitere Aussagen, die mir für meine Kritik buchstäblich den Wind aus den Segeln nehmen:

„Jede Einstellung ist wie ein Gemälde“ – Elle

„Ein Film wie ein Tanz der Blicke“ – Brigitte Woman

Über die gesamte Laufzeit kamen mir im 30 Sekunden Takt diese beiden Aussagen immer wieder in den Kopf, da sie den Nagel…naja…auf den Kopf treffen.

Regisseurin und Autorin Céline Sciamma scheint es wie keine andere zu verstehen, simple Blicke und Momente so auserzählt in Bilder zu fassen, als stünden sie in einem Roman. Dabei geht sie mit einer solch präzisen Wucht an subtilen Emotionen vor, dass hier wirklich keine einzige Einstellung verschwendet wird. „Portrait einer jungen Frau in Flammen“ trumpft mit einem unübersehbar prächtigen Look, welcher ohne zahlreiche oder pompöse Requisiten, ohne häufigen Kostümwechsel und ohne prunkvolle Frisuren besteht. So bekommt man außerdem das Anwesen, dem Schauplatz der Geschichte, von außen nie wirklich zu Gesicht und das Mobiliar im Inneren ist wie bereits erwähnt kaum vorhanden. Um die kleine Welt darzustellen, welche Marianne und Heloise sich in ihrer kurzen gemeinsamen Zeit erschaffen, sind dies in der Tat gelungene Ausdrucksmittel, um die Geschichte für den Zuschauer erfahrbarer zu machen.

In all den Jahren, in denen ich bereits Filme sehe, habe ich selten ein so kunstvolles Zusammenspiel von Kamera, Kostüm, Musik, Location und purem Talent der beiden Hauptdarstellerin gesehen, wie in diesem Film. Und all das gipfelnd in einer 145 sekündigen schließenden Einstellung, die wohl mit zu den ergreifensten Szenen der Filmgeschichte zählt, die ich in meinen jungen Jahren sehen durfte.

Porträt einer jungen Frau in Flammen

Veröffentlichung

2019

Regie

Céline Sciamma

Laufzeit

122 Minuten

Besetzung

Noémie Merlant: Marianne

Adèle Haenel: Héloïse

Movie Critics

Before Sunrise

Ist der Liebesfilm das schwierigste Filmgenre? Seit ich „Before Sunrise“ gesehen habe, denke ich jedenfalls ernsthaft darüber nach.

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Midsommar (2019)

Ob in Wäldern, Schächten, Kellern oder im Traum, die Dunkelheit scheint für Filmemacher auf der ganzen Welt das perfekte Medium zu sein…

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365 Tage

Hey Kids! wollt ihr lernen, wie man einen Film wie „365 Tage“ macht? Na dann hört mal her! Bevor wir mit den eigentlichen Szenen anfangen können, müssen wir etwas Vorarbeit leisten.

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365 Tage Filmkritik

365 Tage

Filmkritik

Geschrieben am 13.10.2020 von Kilian Atzenhofer

Hey Kids!
wollt ihr lernen, wie man einen Film wie „365 Tage“ macht?
Na dann hört mal her!
Bevor wir mit den eigentlichen Szenen anfangen können, müssen wir etwas Vorarbeit leisten.

Schnappt euch einen Random von der Straße und sperrt ihn in eine Kammer. In der Kammer darf sich nichts anderes befinden als:
– ein Fernseher
– der Film „Die Schöne und das Biest“
– der Film „Fifty Shades of Grey“
– ein übertrieben lächerlicher Softporno
– jede Menge Papier und Stifte
– Nahrung (wir sind ja keine Unmenschen)
– und zu guter Letzt: ein riesen Haufen Scheiße

Sperrt die Kammer zu und macht sie für eine sehr sehr lange Zeit nicht mehr auf.

So, jetzt zur eigentlichen Arbeit an den Szenen:
Als erstes brauchen wir diverse Locations, da wir uns schon in etwa denken können, in welche Richtung der Film gehen wird…
Sucht euch am besten welche aus, die ihr auch für die Werbung einer „teuren“ bzw. „edlen“ Alkoholmarke hernehmen würdet. Hauptsache für einen kurzen Moment möglichst protzig wirken.
Habt ihr eine? Perfekt!

Als nächstes nehmt ihr zwei „Models“, die ihr auch für die Alkoholwerbung hernehmen würdet und setzt sie ins Bild.
(hierbei empfiehlt es sich natürlich, „Models“ zu nehmen, die jederzeit einen so dermaßen gestellten Blick draufhaben, dass man nicht unterscheiden kann, ob sie gerade notgeil oder in der Erwartung eines heftigen Durchfalls sind (das hilft uns schonmal für später, wenn wir an unserem letzten Punkt angekommen sind))
Eine Klammer in der Klammer?! Christopher Nolan würde vor Neid erblassen! Aber gute Filmemacher wollen wir hier mal außen vor lassen.
Wo waren wir?
Ach ja die Szene…. (am besten mit genau so einer Konzentrationslosigkeit später bei der Arbeit sein, damit die Szene auch richtig gelingt)

Als nächstes brauchen wir Musik.
Gebt bei Spotify Schlagwörter ein, die genau zur Szene passen.
Es scheint, als hätte Tommy eine Frage.

Tommy: Lassen wir die Musik dann in einer angemessenen Lautstärke im Hintergrund laufen, um eine passende Stimmung zu erzeugen?

Mensch Tommy, du hast anscheinend nicht verstanden, was wir hier machen wollen…
Ich erklärs dir mal so:
Jedes Mal, wenn unsere Protagonisten reden, dann wird schon mal so gut wie keine Musik gespielt, damit die Zuschauer dem Gesagten auch optimal folgen können. Und sobald sie aufhören zu reden und eigentlich Stille eintreten sollte, dann drehst du die Musik einfach auf volle Lautstärke, nur um dann schlagartig wieder aufzuhören, wenn jemand was sagt.

Tommy: Und was sagen die Figuren so?

Ah ja, ausgezeichnete Frage!
Erinnert ihr euch an den Anfang, als ich euch von den Drehbuchplänen erzählt habe? Wenn der Random mittlerweile mit seiner Arbeit fertig, und das Drehbuch ordentlich durchgezogen ist, dann nehmt das Drehbuch und schlagt so hart ihr nur könnt auf alles ein, was sich am Set befindet. So lange, bis wirklich jeder gesunde Menschenverstand vollkommen abgetötet wurde.
Und das macht ihr jetzt am Besten mit jeder einzelnen Szene, Stück für Stück.

TADAAA! Fertig ist euer Film.

So und jetzt geht…..GEHT!
Ab mit euch in die große weite Welt. Verbreitet diese unfassbare Dummheit, sodass die Menschen vielleicht eines Tages genug davon haben und sich unter Umständen tatsächlich guten Filmen zuwenden, die im Gegensatz zu „365 Tage“ gefloppt sind, was eine echte Schande ist, wenn man mal genauer darüber nachdenkt.

365 Tage (Netflix)

Veröffentlichung

20. März 2020

Regie

Barbara Białowąs
Tomasz Mandes

Laufzeit

114 Minuten

Besetzung

Michele Morrone: Don Massimo Torricelli
Anna-Maria Sieklucka: Laura Biel

Filmkritiken

Before Sunrise

Ist der Liebesfilm das schwierigste Filmgenre? Seit ich „Before Sunrise“ gesehen habe, denke ich jedenfalls ernsthaft darüber nach.

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Porträt einer jungen Frau in Flammen

In letzter Zeit versuche ich mich mehr und mehr mit den Perlen nicht amerikanischer oder englischer Filme auseinanderzusetzen.

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Midsommar (2019)

Ob in Wäldern, Schächten, Kellern oder im Traum, die Dunkelheit scheint für Filmemacher auf der ganzen Welt das perfekte Medium zu sein…

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