I Care a Lot Kritik

Filmkritik

Geschrieben am 22.02.2021 von Kilian Atzenhofer

Genau eine Stunde der Laufzeit ist bisher vergangen und ich hab jetzt schon das starke Gefühl, dass das einer der unauthentischsten Filme des Jahres sein wird.

So, jetzt ist er vorbei und was soll man da sagen…
Was bringen schon größtenteils fähige Schauspieler, wenn das Drehbuch und die Regie an den meisten Stellen vollkommen versagen?

Aber erst ein paar Worte zur Handlung:

Marla Grayson leitet ein Betreuungsunternehmen, dessen Kunden hauptsächlich aus Senioren bestehen. Gemeinsam mit ihrer Kollegin und ebenso Geliebten “Fran“ zieht sie ihren Schützlingen das Geld aus der Tasche, um sich selbst damit zu bereichern, bis sie eines Tages den falschen Fisch an Land zieht…

Das wohl größte Problem von „I Care a Lot“ sind die Worte und Taten, die Rosamund Pike und ihre Kollegen über den ganzen Film bringen müssen.

Gerade in der ersten Hälfte wirkt es oft wahnsinnig lachhaft, da sich J Blakeson an dem Charakter eines stereotypischen, männlichen Antagonisten/Antihelden bedient und diesen einfach mit einer Frau besetzt. Versteht mich nicht falsch, ich liebe es, wenn Frauen im Film das Ruder in die Hand nehmen und ordentlich “auf die Kacke hauen“, aber wäre es dann nicht sinnvoller, eine neue Form des weiblichen Antihelden zu erschaffen, anstatt einfach die typisch männliche zu nehmen, sie mit einer Frau zu besetzen und anschließend einen auf „seht her, welch feministisches Frauenpower Meisterwerk wir erschaffen haben“ zu machen?

Rosamund Pike hat bereits in David Finchers “Gone Girl“ gezeigt, dass sie zu facettenreichem, kaltblütigem Schauspiel fähig ist. Setzt man sie allerdings trinkend, rauchend, fluchend, alle fünf Minuten einen vollkommenen Stuss von sich gebend, gepaart mit unendlichen, diabolischen Blicken in Szene, dann kann man als Zuschauer gar nicht mehr anders, als irgendwann nur noch zu lachen.

Ein ähnliches Problem gibt es mit Peter Dinklage, der zwar ein sehr talentierter Schauspieler ist, bei dem es aber aufgrund seiner Größe unfassbar wichtig ist, ihn gekonnt in Szene zu setzen.
Martin McDonagh machte es mit seiner Figur in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ vollkommen richtig.
Blakeson hingegen hält es scheinbar für richtig, ihn als Gangsterboss zu instrumentalisieren, der permanent Gegenstände nach seinen (absolut minderbemittelten) Angestellten wirft, um so seine Autorität zu untermalen. Wirkliche Aussagekraft, geschweige denn MACHT strahlt seine Figur nicht aus. Dazu kommt noch, dass er in einem Moment eiskalt und richtig handelt, nur um im nächsten Moment die größten IQ-Abstinenzler Entscheidungen zu treffen, damit unsere beiden „Heldinnen“ es auch möglichst einfach haben, zurückzuschlagen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine RegisseurIN, mit weiblicher Sicht auf die Dinge da wesentlich bedachter, raffinierter und vor allem inspirierter ran gehen hätte können, denn an sich ist die Grundhandlung des Films sogar sehr interessant und bietet jede Menge Zündstoff für einen richtigen Knaller.

Die zweite Hälfte des Films fängt sich (abgesehen von ein paar vollkommen unlogischen Punkten) wieder einigermaßen und der Zuschauer darf sogar ein recht passables Ende erleben, aber ansonsten ist aus diesem Film wirklich nicht allzu viel auszuquetschen, außer vielen hohlen Figuren, mit fragwürdigen Taten, versammelt vor schlechter Regie und einem häufig hervortretenden, uninspirierten Drehbuch.

PS: Der einzige Gewinn des Films: DIANNE WIEST!!

PPS: Das ist nach “Baby Driver“ schon der zweite Film, in dem Eiza González nichts anderes zu bieten hat, als gut auszusehen. Ob das wohl so bleibt?

I Care a Lot

Veröffentlichung

12. September 2020

Regie

J Blakeson

Laufzeit

119 Minuten

Besetzung

Rosamund Pike: Marla Grayson
Peter Dinklage: Roman Lunyov
Eiza González: Fran

 

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