Porträt einer jungen Frau in Flammen

Filmkritik

Geschrieben am 13.10.2020 von Kilian Atzenhofer

“When you’re observing me, who do you think I’m observing?”

In letzter Zeit versuche ich mich mehr und mehr mit den Perlen nicht amerikanischer oder englischer Filme auseinanderzusetzen. Im Vornherein hörte ich nur zwei Dinge über „Porträt einer jungen Frau in Flammen“. Zum einen, dass der Film von einer Künstlerin handelt, die beauftragt wird, eine junge Frau gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen zu zeichnen. Zum anderen hörte ich mehrfach, dass der Film ein Meisterwerk sei. Als ich die Blu-Ray kaufte, entdeckte ich auf der Vorderseite der Hülle erneut eine lobenswerte Kritik einer Zeitung, wie man sie jedoch im Grunde auf jedem Film lesen kann:

„Durch und durch ungewöhnlich und großartig“ – Süddeutsche Zeitung

Auf der Rückseite standen jedoch zwei weitere Aussagen, die mir für meine Kritik buchstäblich den Wind aus den Segeln nehmen:

„Jede Einstellung ist wie ein Gemälde“ – Elle

„Ein Film wie ein Tanz der Blicke“ – Brigitte Woman

Über die gesamte Laufzeit kamen mir im 30 Sekunden Takt diese beiden Aussagen immer wieder in den Kopf, da sie den Nagel…naja…auf den Kopf treffen.

Regisseurin und Autorin Céline Sciamma scheint es wie keine andere zu verstehen, simple Blicke und Momente so auserzählt in Bilder zu fassen, als stünden sie in einem Roman. Dabei geht sie mit einer solch präzisen Wucht an subtilen Emotionen vor, dass hier wirklich keine einzige Einstellung verschwendet wird. „Portrait einer jungen Frau in Flammen“ trumpft mit einem unübersehbar prächtigen Look, welcher ohne zahlreiche oder pompöse Requisiten, ohne häufigen Kostümwechsel und ohne prunkvolle Frisuren besteht. So bekommt man außerdem das Anwesen, dem Schauplatz der Geschichte, von außen nie wirklich zu Gesicht und das Mobiliar im Inneren ist wie bereits erwähnt kaum vorhanden. Um die kleine Welt darzustellen, welche Marianne und Heloise sich in ihrer kurzen gemeinsamen Zeit erschaffen, sind dies in der Tat gelungene Ausdrucksmittel, um die Geschichte für den Zuschauer erfahrbarer zu machen.

In all den Jahren, in denen ich bereits Filme sehe, habe ich selten ein so kunstvolles Zusammenspiel von Kamera, Kostüm, Musik, Location und purem Talent der beiden Hauptdarstellerin gesehen, wie in diesem Film. Und all das gipfelnd in einer 145 sekündigen schließenden Einstellung, die wohl mit zu den ergreifensten Szenen der Filmgeschichte zählt, die ich in meinen jungen Jahren sehen durfte.

Porträt einer jungen Frau in Flammen

Veröffentlichung

2019

Regie

Céline Sciamma

Laufzeit

122 Minuten

Besetzung

Noémie Merlant: Marianne

Adèle Haenel: Héloïse

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